Messerstahl & Korrosion: rostfrei vs. rostträge

Rostfrei? Rostträge? Geht um Outdoormesser, fällt meist einer der zwei Begriffe. Doch was ist der Unterschied? Und: Gibt es einen Messerstahl, der wirklich nicht rostet? Ein Check…

Klären wir zuerst die Begriffe. Als rostfrei gilt Stahl, der „aufgrund seiner Zusammensetzung keinen Rost“ ansetzt. Bzw. nicht ansetzen kann oder vielmehr soll. Denn in der Realität sieht die Sache meist etwas anders als in der Theorie. Doch dazu später mehr. Rostfreier Stahl kann also (angeblich) nicht rosten. Weil er korrosions- sowie säurebeständig ist. Gefühlt ist das heute fast jeder Stahl.

Der Begriff rostträge meint hingegen Stahl, der sehr wohl rosten kann. Bei einer halbwegs guten Pflege aber doch frei von Rost bleibt. Gute Pflege heißt, dass du dein Outdoormesser regelmäßig säuberst und mit einem Pflegeöl behandelst. Der Aufwand ist überschaubar, dafür erfreust du dich über viele Jahre an deinem Messer.

Um Stahl korrosionsbeständig zu machen, fügen die Hersteller dem Eisen jedenfalls Chrom zu. Stahl mit einem Chromgehalt von mindestens 10,5 % gilt als rostträge. Stahl mit einem Chromgehalt von 13,5 % als rostfrei. Für noch mehr Korrosionsbeständigkeit sorgen außerdem Zusätze wie Mangan, Molybdän, Nickel oder Niob.

Übrigens: Edelstahl ist nicht generell rostfrei. Ebenso ist nicht jeder rostfreie oder rostträge Stahl ein Edelstahl. Davon ab sind die Begriffe wie

  • rostträge
  • gering reaktiv
  • korrosionsbeständig

nicht genormt, sondern eher Marketingsprache.

Fazit: rostfrei ist nicht rostträge

Im Fazit ist rostfrei jedenfalls nicht rostträge. Wobei jeder Stahl – ob rostfrei oder nicht – unter den „richtigen“ Bedingungen sehr wohl rosten kann. Das ist dann kein Material- oder Produktionsfehler, sondern einfach der Lauf der Natur. Rost bei rostfreien Stahl ist allerdings schon sehr selten.

Bei Messern liegt die Krux übrigens in der Schärfe. Um diese zu erreichen, mischen die Hersteller dem Stahl gewisse Zusätze bzw. Elemente bei. Diese sorgen nicht nur für Schärfe, sondern obendrein dafür, dass diese Schärfe möglichst lang erhalten bleibt. Das nennen Experten dann Schnitthaltigkeit. Diese Elemente, die nun Schärfe und Schnitthaltigkeit versprechen, öffnen aber auch Korrosion die Tür. Mit anderen Worten:

Je schnitthaltiger dein Outdoormesser, desto anfälliger ist dieses für Rost.

Seeluft, Salzwasser oder Säure nehmen Einfluss, egal wie „rostfrei“ oder „rostträge“ dein Messer ist. Jedes Messer ist daher nur ein Kompromiss, egal wie teuer dieses ist. Und zwar ein Kompromiss aus Härte, Schnitthaltigkeit, Zähigkeit, Korrosionsbeständigkeit und Verschleißfestigkeit.

Immerhin: Hältst du dein Messer sauber und pflegst es, ist Rost nur selten ein Thema. Zumindest bei rostfreien oder rostträgen Stahl. Eine Machete – meist aus Kohlenstoffstahl – setzt in der „richtigen“ (bzw. falschen) Umgebung wieder recht schnell Rost an.

Kohlenstoff ist bei Rost das Stichwort

Kohlenstoff (engl. Carbon) ist beim Thema Rost übrigens das große Stichwort. Denn Kohlenstoff ist in jedem Stahl enthalten. Um diesen Härte zu verleihen. Dennoch gilt nicht jeder Stahl als Carbonstahl. Dieser enthält mind. 95 % Eisen sowie bis zu 2 % Kohlenstoff.

Jeder Stahl weist – neben Eisen – jedenfalls einen gewissen (kleinen) Anteil Kohlenstoff auf. Je nachdem, was der Stahl „leisten“ soll außerdem Elemente wie…

  • Chrom
  • Kobalt
  • Mangan
  • Molybdän
  • Nickel
  • Silizium
  • Wolfram
  • und andere.

Eisen macht natürlich den größten Teil aus. Aber: Allein Eisen reicht nicht. Egal ob indoor (Küche) oder outdoor (Fahrtenmesser und Co.). Kohlenstoff verleiht dem Stahl wie gesagt Härte, damit Schärfe und Schnitthaltigkeit. Chrom oder Molybdän machen die Legierung gegen Korrosion beständig. Ergo: Die Legierung macht den Ton. Und sorgt mitunter dafür, das kein Rost entsteht. Oder zumindest wenig Rost.

Hier kommt wieder Kohlenstoff ins Spiel. Denn „Carbon“ garantiert nicht nur Vorteile wie eben Härte, Schärfe und Zähigkeit. Sondern ebenso Nachteile. Der größte: Kohlenstoff lässt Stahl rosten. Schnell rosten. Dennoch verzichten die Hersteller nicht auf die Vorteile von Kohlenstoff. Je nach Legierung enthält jeder Messerstahl 0,5 bis 1,5 % Carbon. Die Extremwerte reichen von 0,15 % (sehr niedrig) bis 3 % (sehr hoch). In solchen Fällen handelt es sich jedoch um sehr ungewöhnliche Stahlsorten.

Rostfrei: Element Chrom ist der „Rost-Ausgleich“

Mit einem mehr oder minder hohen Anteil an Chrom gleichen die Hersteller die Rostanfälligkeit von Kohlenstoff wieder aus. Leider ist auch Chrom nicht ohne Nachteil. Denn das Element mindert die Qualität des Stahls. Und zwar in punkto Härte und Schnitthaltigkeit. Um diese Mankos auszugleichen helfen dann wieder andere Elemente wie Vanadium.

Ein gutes Beispiel für eine solche Legierung ist D2 Stahl, der allgemein als erstklassiger Stahl für Outdoormesser und Jagdmesser gilt. D2 besteht jedenfalls aus…

  • Eisen (82,2 – 85 %)
  • Chrom (11 – 13 %)
  • Kohlenstoff (1,4 – 1,6 %)
  • Molybdän (0,7-1,2 %)
  • Vanadium (1,0 %)
  • Mangan (0,6 %)
  • Nickel (0,3 %)

Tatsächlich ist D2 ein sehr interessantes Beispiel, weil die Legierung eine Ausnahme stellt. Denn mit dem Carbongehalt von 11 bis 13 % gilt D2 weder als rostfrei noch als Kohlenstoffstahl. Für diese Stähle müsste der Chromgehalt bei mehr als 13 % bzw. (deutlich) unter 13 % liegen. Daher fällt der D2 Stahl in die Kategorie Werkzeugstahl.

Ein ähnliches Beispiel ist die Stahlsorte Böhler M390. Diese ist ebenfalls beliebt, weil schärfe- UND korrosionsbeständig. Freilich kein Wunder. Der Carbongehalt beträgt satte 1,9 %, der Chromgehalt 20 %. Damit zeigt der Stahl sowohl bei Kohlenstoff wie Chrom extrem hohe Werte. Wegen dem hohen Chromgehalt – und der entsprechend leidenden Schnitthaltigkeit – mischt der Hersteller der Legierung obendrein…

  • Vanadium (4,0 %)
  • Molybdän (1,0 %)
  • Silizium (0,7 %)
  • Wolfram (0,6 %)
  • Mangan (0,3 %)

bei. Diese sorgen für die gewünschte Härte und damit Schärfe und Schnitthaltigkeit. Nachteil: Die Legierung ist extrem hart und daher nicht bruchfest. Für große Messer ist M390 somit wenig geeignet.

So oder so: Beide Beispiele zeigen, dass jeder Messerstahl ein Kompromiss ist.

Kann rostfreier Stahl nun rosten oder nicht?

Die Beispiele zeigen noch mehr: Wo Kohlenstoff drin ist, kann Rost entstehen. Und wie gesagt: Kohlenstoff ist in jedem Stahl. Ja, Chrom und andere Elemente machen Stahl beständiger gegen Korrosion. Doch äußere Faktoren wie Nässe, Salz und Säure – verstärkt durch Wärme – knacken irgendwann jede Legierung. Seeluft zum Beispiel gilt als größte Gefahr für Stahl jeder Art. Das schließt rostfreien Stahl ein. Keine Überraschung: Seeluft heißt Feuchtigkeit sowie Salz. Messerfreunde, die am Meer leben, berichten vermehrt über Rostflecken auf ihren Klingen. Egal, wie gut sie diese pflegen.

Du wohnst nicht am Meer? Selbst dann ist Salz ein Problem. Weil Salz in vielen Dingen ist. Zum Beispiel in deinem Schweiß. Oder in vielen Lebensmitteln. Dein Messer kommt also ständig mit Salz in Kontakt. Zumal Salz nicht das einzige Problem ist. Säure ist ein zweites. Und zwar „schnöde“ Fruchtsäure. Schon das Teilen oder Schälen von ein paar Äpfeln kann bei mangelnder Pflege zu Rost führen.

Auch hierzu wieder ein Beispiel. Und zwar der VG-10 Stahl von Hitachi aus Japan. Dieser besteht (neben Eisen) aus…

  • Chrom (15 %)
  • Kohlenstoffmonoxid (1,4 %)
  • Kohlenstoff (1,0%)
  • Molybdän (1,05 %)
  • Silizium (0,6 %)
  • Mangan (0,5 %)
  • Vanadium (0,2 %)
  • Phosphor (0,03 %)

VG-10 gilt damit als erstklassiger, wohlgemerkt rostfreier Stahl bester Güte. Egal ob für Küchen- oder Outdoormesser bzw. Taschenmesser. Aber: Die Spülmaschine verwandelt VG-10 schnell in ein rostiges Ungeheuer. Denn diese bündelt Nässe, Wärme, Salz (Geschirrspültab) und obendrein Aluminium (Spülmaschine). Für VG-10 eine absolut tödliche Kombi. Packst du dann noch ein Steakmesser mit Nieten aus Aluminium mit rein, ist der Rost-Cocktail für VG-10 perfekt. Obwohl der Hitachi-Stahl rostfrei ist und beste Qualität verspricht.

Rost verhindern und Rost entfernen

Rost zu 100 Prozent verhindern kann also selbst der (vermeintlich) beste Stahl nicht. Egal, wie viel Chrom der Hersteller der Legierung beimischt. Mit einer halbwegs guten Pflege hast du es jedoch in der Hand. Behandelst du dein Outdoormesser gut, hast du viele Jahre Freude an der Klinge. Was du dafür tun musst? Na dein Messer pflegen. Und zwar so…

Wie verhindere ich Rost?

Auf ganz einfache Weise: Reinige und öle dein Messer. Das ist schon alles. Reinigen ist überhaupt das A und O. Und zwar nach jedem (!) Gebrauch. Denk’ an Salz und Säuren. Ölen musst du dagegen nur ab und an. Selbst dann reicht ein Tröpfchen Öl. Hierzu kannst du dich einem speziellen Pflegeöl wie Ballistol bedienen. Oder einfach Sonnenblumenöl. So hat Rost keine Angriffsmöglichkeit.

Wie entferne ich Rost?

Je nach Situation, Einsatz und Gegend – Stichwort Seeluft – kommt es ab und an doch zu Korrosion. Leichten Rost kannst du immerhin leicht entfernen. Spüle das Messer erst mal mit heißem Wasser ab. Ist der Rost hartnäckiger, nutze einen Schwamm. Zerkratze aber nicht die Klinge.

Reicht das nicht, probiere es mit Polierpaste. Zum Beispiel von Flitz. Trage die Paste mit einem Tuch auf die Klinge auf. Oft sind die Rostflecken damit verschwunden. Wichtig: Achte auf Kratzer, Schrammen oder Linien auf der Klinge. Poliere nicht gegen diese Spuren, sondern in deren Richtung.

Apropos: Der Stahl reagiert eventuell auf die Pflege, besonders auf die Polierpaste. Möglich, dass eine satinierte Klinge plötzlich stumpf ist. Daher gilt: weniger ist mehr.

Fazit: rostfreier / rostträger Stahl & Korrosion

Das Fazit ist jedenfalls klar. So qualitativ hochwertig Stahl sein mag, so angeblich rostfrei eine Legierung ist: Rost ist möglich. Da nehmen viel zu viele Faktoren Einfluss. Denke nur an Salz. Salz ist in der Luft, speziell in Seeluft. Außerdem in Lebensmitteln und sogar in deinem Schweiß oder deinen Tränen. Feuchtigkeit ist quasi immer da. Ob in der Luft, im Essen oder in Form von Schweiß.

Kümmere dich daher gut um dein Messer. Pflege es. Das ist die beste Vorsorge gegen Korrosion, auch bei (angeblich) rostfreien oder rostträgen Stahl. Ist bereits Rost vorhanden, säubere dein Messer. Poliere es, schleife es.

Viel Spaß!

Quellen: knivesandtools.de (rostfreier Stahl), feines-werkzeug.de (D2 Stahl), feines-werkzeug.de (VG-10 Stahl), knife-blog.com (Messerstahl)

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